Ortschaftsrat Leutesheim
Nabu gegen Leutesheimer
Angelsportverein:
Ärger am »Roßwört«
Von Antje Ritzert
Kehl-Leutesheim.
Eigentlich, sagt Theo Clemens, sei das Gewässer für Angler recht
unattraktiv. Und außerdem würden in der Praxis sowieso nie so
viele Leute zur gleichen Zeit am »Kleinen Altrhein« angeln.
Trotzdem will der Vorsitzende des Leutesheimer Angelsportvereins
die angekündigte Anzahl von sechs Fischern, die gleichzeitig ihr
Petri-Heil im Naturschutzgebiet suchen dürfen, nicht
herunterschrauben. Ihm geht es ums Prinzip: »Wir haben schon
genügend Restriktionen auferlegt bekommen, so langsam fragen wir
uns, wofür wir überhaupt noch Pacht bezahlen.«
Für Christoph Münch von der Fachschaft für Ornithologie
Südlicher Oberrhein des Naturschutzbundes (NABU) ist dieser
Vormarsch ein klarer Verstoß gegen die Schutzverordnung. Er
beobachtet das Roßwört-Reservat seit vielen Jahren und beklagt
eine zunehmende Entwertung des Naturidylls, die er »direkt oder
indirekt auf eine Form der fischereilichen Nutzung« zurückführt.
Für ihn ist selbst ein einziger Angler im Reservat »ein grober
Störfaktor«. Eine Ausweitung der Fischerei hält er deshalb für
untragbar. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, schreckt
er allerdings auch nicht vor Tatsachenbehauptungen zurück, die
sich im Nachhinein als Vermutung erweisen. Und
genau das macht den Vorsitzenden der Leutesheimer Angler so
zornig: »Er streut Unwahrheiten, setzt einen riesigen
Behördenapparat in Gang, aber mit uns geredet hat er noch
nicht.«
Münch hatte bei einer Begehung an der Uferzone des »Kleinen
Altrhein« verbuddelte Grasfische gefunden und dem Umweltamt
gemeldet. Grasfische sind nicht besonders schmackhaft, werden
aber von Angelsportlern gern im Gewässer ausgesetzt, weil sie
große Mengen an Grünpflanzen vertilgen und somit Speisefischen
einen optimalen Lebensraum ermöglichen. Im Naturschutzgebiet
sind solche Praktiken verboten. Theo Clemens wehrt ab: »Hier
gibt es keine Grasfische. Was wir da vergraben haben, waren
Schuppenkarpfen. Die sind im Winter wegen des Eises verendet.«
Karpfen hin oder her, das Regierungspräsidium Freiburg
jedenfalls »teilt Münchs Befürchtungen hinsichtlich der
Störungen für die Vogelwelt und der Schädigung des
Uferbereiches«, die die Ausweitung der Fischerei mit sich
bringt. Der Angelsportverein soll sich freiwillig auf einen
Fischer pro Tag und kürzere Angelzeiten beschränken, heißt es
aus der Umweltabteilung. Alternativ könne die Ortsverwaltung
Leutesheim auch den Pachtvertrag mit dem Verein aufheben und das
Gewässer dem Land Baden-Württemberg anvertrauen. »Niemals«, tönt
Leutesheims Ortsvorsteher Ernst Kleinmann, der aus seiner
Unterstützung für den Angelsportverein keinen Hehl macht. Der
Umweltbeauftragte der Stadt Kehl, Siegfried Schneider, soll nun
vermitteln. Eines jedoch steht für den Fachmann der Kehler
Behörde bereits fest: »Die Schutzgebietsverordnung muss
eingehalten werden.«
Christoph Münch ist
ehemaliger Kreisvorsitzender des Ortenauer NABU. Die
KEHLER ZEITUNG
befragte den 76-jährigen Naturschützer zu seinen Vorwürfen gegen
den Angelsportverein Leutesheim.
Herr Münch, was ist der Unterschied
zwischen einem Schuppenkarpfen und einem Grasfisch?
Da kann ich Ihnen keine kurze Antwort geben.
Dann also anders gefragt: Wie können
Sie sicher sein, dass Sie an Ihrer Fundstelle Grasfische und
nicht Schuppenkarpfen gesehen haben?
Mit Sicherheit kann ich das nicht sagen. Die Kadaver waren
bereits stark verwest. Ich bin davon ausgegangen, dass, wenn es
Speisekarpfen gewesen wären, die Angler sie sicher mit nach
Hause in ihre Küche genommen hätten. Wenn es sich tatsächlich
nicht um Grasfische gehandelt hat, wäre mir das sehr recht.
Sie monieren unter anderem das
Brennholz, das jemand zum Trocknen im Roßwört gelagert hat. Ist
das nicht ein bisschen übertrieben?
Nein. Diese Holzlagerflächen sind sehr umfangreich. Auf dem
Boden darunter kann nichts mehr wachsen. Laut Verordnung ist das
Lagern von Holz im Roßwört verboten. Wir haben nur sehr wenige
Schutzgebiete in Baden-Württemberg. Wenigstens dort sollten wir
die Verordnungen ernst nehmen.
Sind sechs Angler gleichzeitig am
Ufer des geschützten Gewässers zu viel?
Viel zu viel. Da kommt keine einzige Vogelbrut durch. Auch
ein Angler, der ganz ruhig am Ufer sitzt und nur ab und zu seine
Angel bewegt, wird von den Vögeln als Gefahr wahrgenommen und
ist somit ein grober Störfaktor.
Foto:
Antje Ritzert
Idylle pur am
„Kleinen Altrhein“: Naturschützer sehen das Gewässer im
Roßwört-Reservat westlich von Leutesheim gefährdet, nachdem der
Angelsportverein seinen Mitgliedern angekündigt hat, bis zu
sechs Personen gleichzeitig die Erlaubnis zum Fischen zu
erteilen.
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